Wir möchten das deutsche Schulsystem dahingehend reformieren, dass Schule nicht lediglich ein kalter bürokratischer Ort der Wissensvermittlung sein soll, sondern ein Lebensraum in dem Kinder und Heranwachsende die Möglichkeit erhalten sollen, ihre Persönlichkeit und ihre Kompetenzen selbstständig zu entwickeln.
Wir wollen Kinder nicht formen oder, wie wir leichtfertig zu sagen pflegen, bilden. Wir wollen ein Schulsystem kreieren, dass unsere Kinder befähigt, sich nach ihren individuellen Stärken und Begabungen zu entwickeln. Nicht Leistungsdruck und Konformität sollen im Vordergrund stehen, sondern der einzelne Mensch und seine Potenziale, die es zu erkennen und zu fördern gilt.
Natürlich stellt sich nun die Frage, wie ein derartiges Schulsystem denn aussehen und konzipiert werden soll. Genau der Suche nach dieser Antwort widmet sich unsere Organisation Schule Neu Denken. Wir wollen ein breites gesellschaftliches Bündnis schaffen und zusammen mit Eltern, Lehrern, Politikern, Schülern, Vertretern aus anderen Verbänden und sonstigen Interessierten eine neue Schule konzipieren.
In breiten Diskussionsforen wollen wir Ideen sammeln und diese dann in spezialisierten Arbeitsgruppen ausarbeiten. In öffentlichen Konzeptionsrunden sollen die Ergebnisse dann vorgestellt und zu ganzheitlichen Konzeptionen zusammengefügt werden, um diese dann in die politischen Gremien tragen zu können.
In Zusammenarbeit mit Schulen sollen die ausgearbeiteten Konzeptionen in Form von Schul- und Modellversuchen in die Praxis umgesetzt, erprobt und durch die dadurch gewonnen Erfahrungen ständig weiterentwickelt werden.
-
Was kritisiert ihr am gegenwärtigen Schulsystem?Die Leistung, die unser Schulsystem immer noch voraussetzt, besteht darin, sich einer starren Zeit- und Organisationsstruktur bedingungslos unterzuordnen. Man erwartet keine kreativen Lösungswege und setzt auch nicht auf Persönlichkeitsentwicklung. Hierdurch werden Kinder aber auch Erwachsene lediglich auf ihre Funktionalität reduziert. Man ist nichts weiter als ein kleines Zahnrad, das man beliebig einzusetzen und bei der Nichterbringung von Leistung auszutauschen weiß. Spezifische menschliche Qualitäten wie Eigensinn, Emotionen, Mitgefühl, Leidenschaft, Fantasie, Kreativität und die einzigartige Persönlichkeit eines jeden Menschen werden in einer auf reine Funktionalität gepolte Leistungsgesellschaft kaum beachtet oder gar als von der Norm abweichend und störend bewertet.
-
Wie wollt ihr Vorgehen, um euer Ziel zu erreichen?"Unser Vorgehen ist strategisch und gut durchdacht. Zunächst möchten wir zu einer bundesweiten Organisation heranwachsen, um so eine gesellschaftliche Debatte über ein neues Kindesbild und daran anknüpfend ein neues Schulsystem auf den Weg zu bringen. Zunächst wollen wir losgelöst von den bestehenden Strukturen und Prämissen in basisdemokratischen Foren über reformpädagogische Ansätze diskutieren. Aus diesen Foren sollen themenspezifische Arbeitsgruppen hervorgehen, welche sich in regelmäßigen Abständen treffen, um ein Reformkonzept auszuarbeiten. Die ausgearbeiteten Reformkonzepte werden dann in unseren bundesweiten Vollversammlungen besprochen und zu einem Gesamtkonzept zusammengefasst. Unser Konzept möchten wir dann in einem großangelegten Schulversuch austesten und wissenschaftlich begleiten lassen.
-
Was kritisiert ihr am gegenwärtigen Kindesbild?Das gegenwärtige Kindes- und Menschenbild in der deutschen Gesellschaft ist immer noch von der industriellen Revolution aus dem 19. Jahrhundert geprägt, aus dem auch das gegenwärtige Schulsystem strukturell hervorgegangen ist. Hieraus stammt auch die veraltete Vorstellung, man könne Kinder und ihre Entwicklungen nach einem strikten Zeitplan berechnen und Kinder wie seelenlose Automaten mit Wissen und Informationen befüllen. Auch das vorherrschende Leistungsprinzip in unserem Schulsystem setzt daher weder auf Individualität noch auf eigenständiges und kreatives Denken.
-
Was würdet ihr grundsätzlich verändern wollen?Wir möchten Schule zu einem Lebensraum gestalten. Schule sollte viel mehr sein als ein Verwaltungsgebäude, in dem Schülerinnen und Schüler nach einer starren Zeitstruktur getaktet, Wissensmengen in sich aufnehmen müssen, um diese dann in einen Test zu reproduzieren. Schule soll ein Ort der Erfahrung, des Austausches, des Wissens, der Begegnung und des Miteinanders sein. Ein Ort, an dem Kinder sich ausprobieren und auch getrost Fehler machen dürfen und sollen, um vermittelt zu bekommen, das Lernen und die gesamte Persönlichkeitsentwicklung ein lebenslanger und dynamischer Prozess ist, der niemals endet und immer wieder von neuem beschritten werden muss. Hierzu müssen wir das veraltete pädagogische Dogma des ziel- und zeitgleichen Lernens überwinden und das zeitdifferente Lernen zur Regel werden lassen. Jedes Kind soll sich nach seinem individuellen Lerntempo entwickeln und dazu angehalten werden von Anfang an in Rahmen vorgegebener Strukturen seinen Lernalltag selbst zu organisieren.
-
Was versteht ihr unter "freiheitlicher Erziehung"?"Häufig wird unter freiheitlicher Erziehung verstanden, dass Kinder tun und lassen können, was sie wollen und Kinder sich selbst überlassen werden sollen. Das hat aber nichts mit Erziehung zu tun. Erziehung zielt auf Wachstum und die Entwicklung von persönlicher Reife ab. Hierzu müssen Kindern und Jugendlichen klare und transparente Strukturen geboten werden, an denen sie sich orientieren können, um ihren induviduellen Lernweg zu beschreiten. Die vorgegebenen Strukturen müssen jedoch dynamisch sein und sich den Bedürfnissen des einzelnen Kindes anpassen. Grundsätzlich sollen Kinder und Jugendliche nach unserer Vorstellung selbst entscheiden können, wann und wie sie etwas lernen, solange gewährleistet ist, dass sie ihre Zeit sinnvoll nutzen. Dies führt auch zu einem komplett veränderten Rollenbild des Lehrers. Lehrer und Lehrerinnen sollen demnach nicht mehr Informationsmengen didaktisch aufbereiten und nach einem vorgegebenen Zeitplan klassenweise vermitteln. Wir möchten, dass Kinder dazu angehalten werden, sich Informationen zu einem Thema selbstständig zu erarbeiten. Lehrerinnen und Lehrer treten so in den Hintergrund und sollen Kinder und ihr Vorgehen beobachten und mit wertvollen Tipps zur Seite stehen. Durch die Abwendung vom traditionellen Klassenunterricht können Lehrerinnen und Lehrer freier und gezielter eingesetzt werden, wodurch eine individuelle Förderung ermöglicht wird.